Worte von Hannelore Elsner auf der Pressekonferenz zur Situation von Straßenkindern in Deutschland am 1.10.2013 in Berlin
Liebe Ari, lieber Gregor und all die anderen Jugendlichen, sehr
geehrte Frau Kramen sehr geehrter Herr Thielen, lieber Jim
Rakete, sehr geehrter Herr Delbrück, liebe Annett Quint, sehr
geehrter Herr Albert-Seberich...
Was für eine Freude. Endlich nun habt lhr, liebe Jugendliche
eine eigene Bildungsstätte, das Justus Delbrück Haus, die
Akademie fur Mitbestimmung, in dem Ihr Euch treffen könnt, ein
Haus der Begegnung und der Bildung in Brandenburg für alle
Jugendlichen, bundesweit, die ihren Lebensort auf der Straße
hatten oder haben und die Ihr oft fernab einer schützenden
Familie groß werden musstet.
Was Ein-zu-Hause-haben bedeutet, wissen diejenigen
vielleicht, die eins haben und sucht Ihr die Ihr nicht in seiner
Geborgenheit groß wurdet.
Juliane, 17 Jahre alt, sie lebte viele Jahre auf der StraBe in
Köln, beschreibt ihren Wunsch und ihre Sehnsucht so:
Zu Haus ist für mich:
Ein Raum, in dem ich mich nicht eingesperrt fühle.
Wo mich keine Mauer zu erdrücken droht.
Wo die Seele Wände hat,
die sie aber nicht aufhalten.
Wo Gedanken Resonanz spüren,
aber keinen Widerstand.
Wo der Körper Ruhe findet,
aber keine Gefangenschaft.
Wo ich kommen und gehen kann
mit dem Wissen,
dass mir alle Türen offen bleiben.
Wo ich Ich bin
und doch nicht alleine,
weil ich dort all meine Masken gleichzeitig leben kann
und mich trotzdem erkenne.
Wo mir Flügel wachsen
und Wurzeln,
aber nichts von Beidem mich aufhält oder hindert.
Wo meine Worte leben,
ohne Urteile und Maßregelung.
Wo ich Regeln und Anerkennung finde
und doch keine Bevormundung.
Wo ich für mich bin,
ohne zu vereinsamen.
Dort, wo ich schlafen kann
mich in Träumen verlaufe
ohne den Weg zur Realität zu verlieren.
Wo mein Schmerz schreit,
und die Freude tanzt,
die Freiheit leben kann,
ohne Angst vor Flaschen und Korken.
Wo der Mensch in mir seinen Verstand gebraucht,
ohne den lnstinkt und das Gefühl zu verlieren.
Wo das Kind in mir
dem Erwachsenen das Spielen lehrt.
Zu Hause ist, wenn ich leben und atmen kann.
Juliane und all den anderen Jugendlichen, die Ihr das Justus
Delbrück Haus bereits besucht habt oder es zukünftig
besuchen werdet, wünsche ich das, was sich Juliane aus KöIn
wünscht. Das Justus Delbruck Haus wird Euch nicht ersetzen
können, was Euch vielleicht in Eurer Kindheit genommen wurde
aber es ist ein Haus, ein geschützter Ort, in dem Ihr euch treffen
könnt, von wo aus Ihr Initiative ergreift, Euch einmischt. Lernt,
diskutiert, versammelt Euch und vertretet Eure und die Rechte
der anderen!